Social-Media-Neustart

Etwas änderte sich in mir und für mich und meine Umwelt am 25. Januar 2017. Ich erinnere mich an den Tag bevor sich alles veränderte. Ich war in einem Schreibworkshop, nahm Abends an einem Neujahrs-Apéro teil, kaufte die bequemsten Winter-Stiefeletten mit Keilabsatz, die meine Füsse je anhatten. Ich fuhr nach Hause. Müde, aber zufrieden.

Am nächsten Morgen rief ich meine Mutter an. Nichts ahnend. Es war nur einer dieser wöchentlichen Anrufe, um nachzufragen, wie es ihr und meinem Vater ging. «Dein Vater ist im Spital.» Es folgten Anrufe, Arzttermine, Heimbesichtigungen, Wohnungsbesichtigungen.

War ich zuvor laut und aktiv auf Social Media, verstummte ich medial an diesem Tag. Mir fehlten die Worte, was auch dazu führte, dass mir das Schreiben schwer fiel. Eine Müdigkeit machte sich breit. Ich verlor das Interesse an Facebook, Twitter, Instagram. Alles erschien mir zu laut, zu oberflächlich, unecht. Selfies meines Ex-Mannes. Food-Bilder. Tweets über das Leben. Widerspiegelten eine Realität, die nicht meiner entsprach. Die nicht meinem Inneren entsprachen. Dunkelheit machte sich breit und die Unfähigkeit, mich mitzuteilen. Ich war unfähig, meine Gefühle zum Ausdruck zu bringen. Das Schreiben war schon immer der Schlüssel zu meiner Seele. Ich verlor diesen Schlüssel in dieser Zeit und fand ihn erst Monate später wieder, nach einer Auszeit in den USA.

Was jedoch für lange Zeit nicht zurückkehrte, war die Lust, mich auf Social Media auszudrücken. Ich wurde von einer aktiven Nutzerin zu einer passiven Leserin. Es folgte ein Jahr der Veränderungen. Veränderungen, die keinen oder nur wenig Raum fanden auf Social Media.

Unterdessen bin ich seit einem Jahr als Selbständigerwerbende unterwegs. Ich brauchte ein Jahr, um mein Profil zu schärfen. Um für mich herauszufinden, wo meine Stärken liegen, was mir Freude bereitet, und natürlich auch Geld einbringt. In diesem Jahr hatte ich nur wenig Kontakt via Social Media. HD, Ellen, Su, Mona – dies sind die Menschen, mit denen ich auf Facebook ab und zu Kontakt pflegte. Vielleicht ein paar mehr, sehr wahrscheinlich aber nicht.

Vor drei Wochen löschte ich sämtliche Daten auf meinem Facebook-Profil. Posts, Likes, Bilder und Kommentare aus über zehn Jahren. Diese Leichtigkeit und Oberflächlichkeit entsprachen nicht der Person, die ich heute bin. Zwar löschte ich die Daten aus einem anderen Grund, doch fühlte sich die Löschung gut an. Denn zu löschen bedeutet auch, die Türen für einen Neustart zu öffnen.

Die Welt drehte sich weiter während meiner Social-Media-Auszeit. Habe ich etwas verpasst? Kaum. Jedoch habe ich gelernt, die Zeit bei Bedarf anzuhalten und zu mir selbst zu finden. Ich bin zurück, nur leiser. Und freue mich auf Gespräche, die nicht nur an der Oberfläche kratzen.

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