Sprache verbindet, Sprache grenzt aus

Ich lernte erst im Kindergarten Deutsch. Zuvor sprach ich zu Hause mit meinen Eltern und Geschwistern nur Kantonesisch. Ich war das jüngste von vier Kindern, das Nesthäkchen, das die Eltern und Geschwister mit kreativen Wortschöpfungen überraschte. Im Kindergarten verstand mich niemand. Und so besuchte ich, zusammen mit den anderen Secondos aus Italien und Spanien, den Deutschunterricht. Ich war die Exotin unter den ausländischen Kindern.

Dass gerade diese sprachliche Barriere meine Sprachbiografie entscheiden beeinflussen würde, wusste ich damals nicht. Da ich mich, anders als die anderen Kinder, auch nicht in meiner Muttersprache mit anderen unterhalten konnte, war ich eine Aussenseiterin unter den Ausländern. Sie hänselten mich, lachten mich aus, wenn ich Fehler machte. Doch schon damals war ich eine Streberin, ich strebte nach mehr. Und so sagte ich mir, dass ich eines Tages besser Deutsch sprechen würde als die anderen Mädchen und Buben.

Meine Muttersprache kennt kein grammatisches Geschlecht

Deutsch als Fremdsprache zu lernen, ist herausfordernd. Die Grammatik ist komplex. Meine Muttersprache Kantonesisch kennt keine Zeitformen, keine Fälle, und vor allem keine grammatischen Geschlechter. Ob der Baum männlich, weiblich oder neutral ist, interessiert uns Chinesen nicht. Wir haben hingegen zahlreiche Bezeichnungen für unsere Tanten und Onkel. Du siehst, jede Sprachkultur hat eben andere Prioritäten. Und so bereitete es mir grosse Mühe, das Geschlecht eines Wortes zu lernen und sie im Alltag richtig zu deklinieren.

Ich las viel als Kind, was mir half. Auch schrieb ich Tagebuch. Die gleiche Ausgangslage für alle hatten wir dann in der 5. Klasse, als der Französischunterricht begann. Ich denke, ich entdeckte meine Liebe für Sprache in diesen Jahren, als ich intuitiv die Bedeutung französischer Sätze erriet, ohne sie Wort für Wort zu übersetzen. Vor Französisch war die Sprache etwas, mit dem ich mich herumquälte. Doch mit dem Französischen machte Sprache plötzlich Spass. Die deutsche Grammatik zu verstehen, begann ich, als ich in der Sekundarschule Latein als Freifach wählte. Hier konnte ich meinen Wissensdurst stillen, die Grammatik analysieren und Erklärungen finden für die unterschiedlichen Deklinationen.

Übersetzen im Alltag

Meine Eltern lernten nie richtig Deutsch. Sie brauchten es im Alltag auch nicht, denn sie hatten uns, die vier Kinder, die für sie alles übersetzten. Und so lernte ich früh: Sprache verbindet, Sprache grenzt aus. Es braucht Vermittler, Dolmetscher, Übersetzer, um Sprachbarrieren auszubauen.

Die Liebe führte mich in die USA. Mit meinem Mann spreche ich Englisch. Oft erwische ich mich dabei, dass ich E-Mails an meine Kundinnen und Kunden in der Schweiz in Englisch schreibe. Auf dieser Zweisprachigkeit will ich aufbauen und mein Angebot entsprechend ausbauen. Deshalb startete ich vor beinahe drei Monaten ein Fernstudium an der AKAD Universität zur Fachübersetzerin Technik Deutsch-Englisch. Das Studium ist berufsbegleitend und schon jetzt übersetze ich vom Englischen ins Deutsche, um Erfahrungen zu sammeln. Hast du Texte oder Dokumente zu übersetzen? Dann freue ich mich auf deine Nachricht.

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