Stundenweise oder pauschal: Wie rechnest du ab?

Ich bin selbständig erwerbend und verkaufe meine Dienstleistungen und mein Wissen. In der Vergangenheit verrechnete ich viele Leistungen stundenweise. Doch ein Erlebnis als Auftraggeberin führte zu einem Umdenken. Es ist für beide Seiten besser, pauschal anstatt stundenweise abzurechnen. Warum?

Ich brauchte vor kurzem rechtliche Unterstützung und kontaktierte mehrere Anwälte in meiner Umgebung. Zwei Büros waren in der engeren Auswahl, eines offerierte mit einer Aufwandsschätzung und eines mit einem Pauschalangebot. Da das Büro der Anwältin, die stundenweise abrechnet, etwas näher ist, entschied ich mich für sie. Ich dachte mir, dies würde persönliche Besprechungen erleichtern.

Künstliche Arbeitsbeschaffung

Es stellte sich als schlechte Entscheidung heraus. Sie hatte kein Interesse daran, effizient zu arbeiten. Im Gegenteil, vieles liess sie durch einen neuen Mitarbeiter erledigen, der von der Sache wenig bis keine Ahnung hatte. So gab es etliche Korrekturrunden und die Anwältin verrechnete alles 1:1 an mich. Sämtliche Korrekturen der Fehler, die ihr Mitarbeiter machte. Es roch nach künstlicher Arbeitsbeschaffung, war frustrierend und gipfelte darin, dass ich mitten im Prozess den Anwalt wechselte.

Pauschalrechnung sorgt für mehr Effizienz

Beim Anwalt, der mir ein Pauschalangebot unterbreitet hatte, zeigte sich ein ganz anderes Bild: Er arbeitete effizient, kompetent und zielgerichtet – denn er ist nicht daran interessiert, unnötige Korrekturrunden zu drehen. Er verdient nicht mehr, wenn er schludrige Arbeit liefert und anschliessend nachbessern muss. Denn ich bezahle keinen Rappen für jede zusätzliche Minute, die er für meinen Fall aufwendet.

Risiko bei Festpreis?

Als Auftraggeberin fragte ich mich natürlich zuerst: Was, wenn er weniger Zeit aufwendet, als er verrechnet? Ja, das kann durchaus sein. Zwei Gründe zeigen mir aber, dass es nicht unmoralisch ist, wenn er das tut.

  1. Wenn er mehr Stunden als erwartet an meinem Fall arbeitet, trägt er alleine das Risiko (es sei denn, ich habe nachträglich Extrawünsche, dazu später mehr).
  2. Ich bezahle ihn nicht nur für die Zeit, die er aufwendet, um mir ein ausgezeichnetes Ergebnis zu liefern. Ich bezahle ihn auch für seine Fachkompetenz, sein Wissen und seine Erfahrung. Qualität hat ihren Preis.

Die Frage ist also: Wie viel ist dir gute Arbeit wert?

Richtig kalkulieren, um eigenes Risiko zu verringern

Dieses Erlebnis führt zu einem Umdenken für mich als Unternehmerin. Doch wie erwähnt, trage ich das Risiko, wenn ich mich verrechne und eine Arbeit viel aufwendiger ist als angenommen.

Wie lässt sich dieses Risiko verringern?

  1. Bei der Aufwandsschätzung berufe ich mich auf meine Erfahrung. Diese Schätzung mache ich für mich selber und gebe sie nicht nach Stunden aufgeschlüsselt an den potenziellen Kunden weiter.
  2. Ich füge zur Schätzung einen Puffer hinzu. Auf keinen Fall sollte die Berechnung zu knapp erfolgen, um etwa über den Preis beim Kunden zu punkten und einen Auftrag zu gewinnen. Denn das führt über kurz oder lang zu Frustration auf beiden Seiten. Ich will gute Arbeit leisten, die etwas kosten darf. Die Folgen meiner eigenen Fehlkalkulation will ich nicht auf den Kunden abwälzen. Denn: Liefere ich gute Arbeit, wird der Kunde zufrieden sein. Dies wiederum ist Grundstein für eine lang anhaltende Zusammenarbeit, die auf Vertrauen und Wertschätzung basiert.
  3. Damit es auf beiden Seiten zu keiner Enttäuschung kommt, ist es wichtig, das Leistungsspektrum genau zu definieren. Was will der Kunde, was liefere ich in welcher Form und was kostet es? Sollten sich die Wünsche des Kunden im Laufe des Projektes ändern, gilt es, allfällige Mehrkosten unmittelbar zu kommunizieren. Früher scheute ich mich davor und wollte nicht kleinlich wirken. Doch meine Erfahrung zeigt: Es zahlt sich aus, offen mit den Kunden über Mehrkosten zu sprechen, sobald sich diese abzeichnen. Und nicht erst am Ende des Projektes.

Fazit: Es ist besser, pauschal abzurechnen

Nach meiner (leider schlechten) Erfahrung am anderen Ende des Verhandlungstisches, komme ich zum Schluss: Es ist besser und transparenter, pauschal abzurechnen. Es bedingt präzise Kalkulation und auch eine gute Portion Selbstvertrauen. Denn damit stehe ich für mich selbst ein und sage: Ich habe das nötige Know-how, um eine Top-Qualität zu liefern. Und diese darf etwas kosten.

Ein Kommentar zu “Stundenweise oder pauschal: Wie rechnest du ab?

  1. Liebe Thinh-Lay, da bin ich absolut deiner Meinung! Als Coach handhabe ich es meist so, als Kundin weiß ich, woran ich bin. Einzelabrechnungen biete ich nur an, wenn es wirklich um eine Einzelleistung geht. (Die sich dann für mich finanziell kaum lohnt, aber evtl. Kundenbindung hilft oder die ich aus anderen Beweggründen anbiete) Absolut richtig finde ich auch, dass ein Text aussagt: Wir sind gut! Wir bieten qualitativ hochwertige Leistung und Resultate und dies zeigt sich in ökonomisch sinnvoll kalkulierten Honoraren. Herzlich, Anne

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahren Sie mehr darüber, wie Ihre Kommentardaten verarbeitet werden .